Wachgeküsst – Urlaubsparadiese mitten in Deutschland. Teil 2 // ZDFzoom
ZDF
43 Minuten
Autorinnen: Denise Jacobs, Kristin Siebert
Online: auf zdf.de
Von Ostfriesland in den Schwarzwald
Sommer, Sonne, Ferienzeit – Millionen Menschen zieht es zur Urlaubssaison in die Ferne: an die Traumstrände Spaniens, Italiens und der Karibik. Doch das war gestern. Corona hat die Welt und auch die Urlaubsplanung verändert. 2020 macht Deutschland Urlaub vor der Haustür. Und lernt sich dabei von einer ganz anderen Seite kennen. Wohin reisen wir, wenn wir daheim bleiben? Und was entdecken wir dort? Werden Erinnerungen wach oder nur Klischees bestätigt? Die 45-minütige Dokumentation führt uns dabei quer durch die Republik, von Nord nach Süd, von Ostfriesland über den Teutoburger Wald, auf einen Abstecher in die Sächsische Schweiz, über Eifel und Odenwald bis in den Schwarzwald.
Wir starten hoch im Norden, in Aurich, der heimlichen Hauptstadt des witzgeplagten Ostfrieslands. Klar, die Inseln hier locken jedes Jahr Zehntausende Urlauber an. Ins Landesinnere aber verirren sich Touristen eher selten: ausgedehnte Moor- und Marschlandschaften verlieren meist gegen die paradiesischen Sandstrände von Juist, Borkum oder Langeoog. Was soll es da zu sehen geben außer Leuchttürme und Windmühlen, was zu erleben außer Krabbenkutter und schwarzem Tee? Aurich also. Wer wollte da nicht immer schon mal hin? Familie Kühn aus Ostwestfalen jedenfalls nicht. Claudia, Jürgen und die beiden Kinder hatten sich eigentlich auf Italien gefreut; dorthin, wo es den richtigen Sommer gibt. Nun schippern sie auf dem einzigen schwimmenden Bungalow im Jade-Ems-Kanal mit 5km/h ganz Corona-konform Richtung Wilhelmshaven.
Hoch im Norden, in Hamburg, starten auch die beiden Studenten David Zimmermann und Matthias Thomein ihren Urlaub. Wo also kann man im Corona-Sommer noch frei sein und klettern? Die beiden Schwaben müssen improvisieren. Ihr Freund Norman Rößger hat sie in seine Heimat eingeladen: die sächsische Schweiz. Er kennt sie wie seine Westentasche und führt seine Freunde auf abenteuerlichen Routen die Felswände hinauf, fernab der von Touristen umlagerten Felsformationen. Unterwegs treffen die Jungs Gernot, ein Bochumer Original, dem die Gegend so gut gefiel, dass er gleich blieb und für Wanderer einen kleinen Kiosk aufmachte, seine „Saure Gurken-Flatrate“ ist berüchtigt. Seit 1996 lebt er im Dörfchen Schmilka, inmitten des Elbsandsteingebirges, am Eingang zum Nationalpark Sächsische Schweiz. Der muss diesen Sommer einen Rekord-Besucheransturm verkraften – Fluch oder Segen für die Region?
Auf unserer Reise gen Süden stoppen wir in Bonenburg am Rande des Teutoburger Waldes. Hier liegt der Zeltplatz “Abenteuerland”. Es ist ein Familienunternehmen, das mit viel Herzblut von Katharina Graute betrieben wird. „Als meine Eltern vor 15 Jahren hier den Zeltplatz eröffneten, haben uns alle für verrückt erklärt.“ Denn der Teutoburger Wald ist nicht der Schwarzwald, und dementsprechend wenig Urlauber gibt es in der Region. In der Corona-Krise hagelte es Stornierungen, und nun braucht Katharina Graute für das bitter nötige Sommergeschäft Unterstützung vor Ort. Hilfe von Jenny und Malte aus Berlin, die mal was anderes ausprobieren wollen, kostenlos hier wohnen dürfen, aber im Gegenzug Katharina unter die Arme greifen. Doch bleibt bei „Urlaub gegen Hand“ noch wirklich Zeit für Urlaub?
Ob ihr Urlaub wirklich Urlaub wird, fragen sich auch Christina, Gregor und ihren beiden Kinder (9, 12). Ihnen war schnell klar, dass der Urlaub im Corona-Sommer dieses Jahr besonders werden würde. Nun rüsten sie sich für einen etwas anderen Roadtrip. Von Wachtendonk bei Düsseldorf über die Eifel bis nach Eisenach. Urlaub in der Eifel? Die Tourismuszahlen hier gehen seit Jahren nur in eine Richtung: zurück. Dabei bietet die Region für Touristen sehr viel, wird jedoch offenbar nicht ausreichend an den Markt gebracht. Denn viel mehr als der Nürburgring dürften vielen Deutschen kaum kennen. Weder die 55 Burgen und Schlösser in der Eifel, noch die 150 Naturschutzgebiete. Die geschichtsträchtige Eifel muss irgendwie ihr Image aufpolieren. Vor allem für jüngere Menschen. Christina sieht es gelassen. „Das wird ein Urlaubs-Experiment: Mal gucken wohin und wie weit wir überhaupt kommen.“ Der Weg ist das Ziel. Und der ist alles andere als planbar. Denn die Familie fährt zu viert in einem Fiat 500 – Baujahr 1974!
Ein Film über wachgeküsste Regionen, altehrwürdige Orte und blinde Flecken auf der touristischen Landkarte Deutschlands − über Unterwegs sein und Ankommen in der Heimat.