SWR // Diezemanns Reise ins hässliche Deutschland

SWR
43 Minuten
Autor*in: Kai Diezemann und Babette Hnup
Online unter: ard.de

Ein Mann liegt bewusstlos im Vorraum einer Bank. Eine Überwachungskamera dokumentiert, wie mehrere Bankkunden auf dem Weg zum Geldautomaten achtlos über ihn hinwegsteigen. Erst der fünfte Kunde alarmiert den Notarzt. Ein Einzelfall? Oder ein Indiz für eine zunehmend mitleidlose Gesellschaft?

Die Vorfälle scheinen zuzunehmen – fast täglich ist inzwischen zu lesen von Sanitätern, die am Einsatzort behindert, belästigt oder sogar angegriffen werden; von Gaffern, die am Unfallort filmen anstatt zu helfen; oder von Politikern, die mit Hasskommentaren, Bedrohungen und sogar mit handfester physischer Gewalt rechnen müssen. Sind solche Vorfälle Indizien dafür, dass das Klima in Deutschland insgesamt rauer und roher wird.

SWR-Reporter Kai Diezemann macht sich auf den Weg, besucht Menschen wie Marcel Neumann vom Deutschen Roten Kreuz in Mainz. Der Rettungssanitäter hat im Einsatz selbst schon mehrmals Beleidigungen und Angriffe erlebt: „Das wird immer extremer; und ist wirklich neu“, sagt der 36-jährige nachdenklich. Er fragt sich an solchen Tagen, warum er den Job überhaupt macht. Kai Diezemann fährt eine Nachtschicht im Rettungswagen mit und will wissen: Wie respektlos sind die Menschen gegenüber denen, die ihnen helfen wollen?

Im Saarland trifft Diezemann die 17-jährige Chiara. Jahrelang wurde sie an ihrer Schule gemobbt. „Die Leute in meiner Schule machten sich über alles lustig. Darüber, wie ich rede, wie ich aussehe“, erzählt sie. Selbst Schläge habe sie einstecken müssen. Erfahrungen, die sie zutiefst verletzten. Sie habe schließlich sogar daran gedacht, ihrem Leben ein Ende zu setzen, erzählt Chiara. Erst mit Hilfe von Mobbing-Experten und nach einem Schulwechsel kam sie aus dieser Krise heraus.